Perspektiven der Wohnberatung in NRW

Ein dauerhaftes und flächendeckendes Angebot!

Perspektiven der Wohnberatung in Nordrhein-Westfalen

Notwendigkeit der Wohnberatung

Leitbild für das Wohnen im Alter ist: “Weiterleben wie bisher”. Das gilt für den größten Teil der älteren Menschen, 93% der Älteren wohnen in ihrer vertrauten Wohnung. Deshalb muss die Normalwohnung in den Mittelpunkt des politischen Interesses in Bezug auf “Wohnen im Alter” rücken. “Wohnen in der eigenen Wohnung” muss verstärkt Gegenstand der Seniorenpolitik sein. Eine wesentliche Hilfe, um dem Wunsch, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben, gerecht zu werden, ist die Wohnberatung.

1. Entwicklung des Modellprojektes

Die Entwicklung der Wohnberatung für ältere und behinderte Menschen in NRW seit Ende der 80er Jahre war eng mit dem Aufbau und Wachstum des landesgeförderten Modellprojekts verbunden. Das Modellprojekt konnte sich bis vor kurzem in stetigem Wachstum ausweiten und immer mehr Beratungsstellen integrieren. Eine relativ geringe Zahl von Wohnberatungsstellen musste in dieser Zeit aus unterschiedlichen Gründen aber auch die Arbeit einstellen. Seit Ende 1998 steigt die Zahl der beteiligten Beratungsstellen nicht mehr an.

2. Wohnberatung außerhalb des Modellprojekts

In den vergangenen Jahren nahm auch außerhalb des Modellprojekts die Zahl der Wohnberatungsstellen zu. Träger waren und sind Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften, Kommunen, Wohlfahrtsverbände und andere. Von den zu Anfang des Jahres 2000 bekannten fast 100 Wohnberatungsstellen in NRW gehören 41 zum Modellprojekt, die übrigen nicht.

3. Erkannte Notwendigkeiten

Erfahrungen, Ergebnisse und Erfolge des Modellprojektes müssen der Öffentlichkeit viel mehr vermittelt werden. Die Beratungskräfte brauchen ein berufsbegleitendes, monatliches und alle Themenbereiche umfassendes Qualifizierungsangebot. Regeln für die Übertragbarkeit der Modellerfahrungen müssen entwickelt werden. Unter den Beratungsstellen muss ein Informationsaustausch aufgebaut werden. Bewährte Broschüren und Arbeitshilfen müssen in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Das unterstützt die Qualität der Arbeit vor Ort.

4. Notwendigkeit zu landesweiter Zusammenarbeit

Wenn man das von NRW-Sozialministerin Ilse Brusis vorgegebene Ziel, “Wohnberatung und Wohnungsanpassung als dauerhaftes Angebot zu sichern und in Zukunft flächendeckend anzubieten” (transparent Nr. 19, Februar 1999) verwirklichen will, ist landesweite Zusammenarbeit aller Beratungsstellen notwendig.

5. Aufgaben der Landesarbeitsgemeinschaft

Die Landesarbeitsgemeinschaft Wohnberatung NRW hat als erste Einrichtung den Versuch gemacht, alle Anlauf- und Beratungsstellen für Wohnberatung in NRW zusammenzustellen. Damit liegt eine Basis für politische und konzeptionelle Diskussionen über die Weiterentwicklung der Wohnberatung vor. Die Landesarbeitsgemeinschaft verknüpft die unterschiedlichen Ansätze (Wohlfahrtsverbände, Kommunen und Kreise, Wohnungswirtschaft) von Wohnberatung in NRW.

6. Bestand erheben

Wenn Wohnberatung in NRW dauerhaft und flächendeckend angeboten werden soll, muss zunächst eine differenzierte Bestandserhebung vorgenommen werden. Diese sollte – neben den Informationen, die die Landesarbeitsgemeinschaft bereits vorgelegt hat – Auskunft geben über die Finanzierung der Beratungsstellen, ihre Personalausstattung, ihren Zuständigkeitsbereich, ihren Unterstützungsbedarf, ihre Informationsnetze usw.

7. Bewährtes absichern

Die Finanzierung der Beratungsstellen im Modellprojekt wird bundesweit als beispielhaft angesehen; Land, Pflegekassen und Kommunen bzw. Kreise tragen je ein Drittel der Kosten, und für die Betroffenen, sind die Leistungen der Wohnberatung kostenfrei. Diese Finanzierung ist sachgerecht und sollte dadurch abgesichert werden, dass man versucht, weitere Finanzierer zu beteiligen. Dabei ist z.B. an die Krankenkassen, die Wohnungswirtschaft, die Landschaftsverbände, Pflegekassen unter Bundesaufsicht u.a. zu denken.

8. Differenzierte Modelle entwickeln

Die Finanzierung von Wohnberatung folgt auch in NRW keinem einheitlichen Muster und muss das auch in Zukunft nicht tun. Es gibt Beratungsstellen, die keine Förderung nach dem Muster des Modellprojektes brauchen oder nicht wollen oder nicht annehmen können. Andere wiederum sind ohne diese Förderung in ihrer Existenz gefährdet. Finanzierungsmodelle müssen dieser Unterschiedlichkeit gerecht werden. Dabei sind auch bisher nicht oder nur zum Teil genutzte Möglichkeiten wie Stiftungen oder Eigeneinnahmen der Beratungsstellen zu berücksichtigen. Die Finanzierung durch Einzelfallabrechnungen mit Kranken- oder Pflegekassen hat sich nach allen anderswo gemachten Erfahrungen als Weg in die falsche Richtung erwiesen.

9. Prozesshafte Weiterentwicklung

Wohnberatung in NRW ist kein statisches Gebilde, aus dem man etwas herausnehmen oder in das man etwas hineinpflanzen kann. Die Weiterentwicklung der Wohnberatung kann nur ein prozesshafter Vorgang sein, der ein hohes Maß an Informationsaustausch, Offenheit und Diskussion erfordert. Dabei kann gerade die Unterschiedlichkeit der Beratungsstellen, die eine Folge der Unterschiede der örtlichen Situation, der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsweise ist, die Attraktivität und Nützlichkeit des Gesamtangebotes steigern.

10. Hilfen anbieten

Alle Erfahrungen, auch aus jüngster Zeit, zeigen, wie unentbehrlich überörtliche Hilfe für die Arbeit vor Ort ist. Allen Wohnberatungsstellen in NRW sollten daher folgende Formen der Unterstützung ihrer Arbeit zur Verfügung stehen: Informationsrundschreiben, umfassende Qualifizierungsangebote, Materialien für Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit, Erfahrungsaustausch und ggfs. mehr. Dazu gehört auch eine jährlich stattfindende Jahrestagung für alle Beratungsstellen, die Wohnberatung anbieten. Dadurch kann auf freiwilliger Basis die Gesamtqualität der Wohnberatung in NRW verbessert werden.

11. Verpflichtungen aussprechen

Beratungsstellen, die öffentlich gefördert werden, müssen dafür bestimmten Auflagen nachkommen. Dass Auflagen gerechtfertigt sind, zeigen auch die Erfahrungen des Modellprojekts im vergangenen Jahr. Verpflichtungen sollten folgende Bereiche betreffen: Ausbildung der Beratungskräfte, berufsbegleitende Qualifizierung, Arbeitsstandards, Dokumentation, Zuständigkeiten. Damit ist auch verbunden, dass den Beratungsstellen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um diese Auflagen zu erfüllen, d.h. die Qualität der Arbeit zu steigern bzw. zu sichern.

12. Beratungsangebot für ganz NRW

Wenn festgestellt wurde, wie das jetzige Angebot an Wohnberatung aussieht, abgesichert und verbessert werden kann, müssen zusätzlich Schritte zur Ausweitung der Wohnberatung auf bisher nicht oder unterversorgte Gebiete geplant werden. In den betreffenden Gebieten sind jeweils geeignete Träger anzusprechen. Erfahrungen mit Flächen und Einwohnerzahlen sind auszuwerten. In jeder Gemeinde und jedem Kreis soll Wohnberatung – unabhängig von Voraussetzungen wie Pflegebedürftigkeit, Armut oder Krankheit – den Betroffenen angeboten werden.

13. Öffentlichkeitsarbeit

Angebote, Erfahrungen und Erfolge der Wohnberatung müssen der Öffentlichkeit kontinuierlich vermittelt werden. Das steigert die Akzeptanz, die Nutzung und den Nutzen der Wohnberatung, die um so höher sind, je eher die Wohnberatung von den Betroffenen in Anspruch genommen wird. Geeignet dazu sind Materialien wie Broschüren und Plakate, aber auch Fachveranstaltungen, Öffentlichkeitskampagnen, Messebeteiligungen, Veranstaltungsreihen und vieles andere mehr.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Wohnberatung NRW bietet an, konstruktiv bei der Verwirklichung dieser Vorschläge mitzuarbeiten und Verantwortung für ihre Realisierung zu übernehmen. Dabei können langjährige Erfahrungen aus Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und Kreisen und Wohnungswirtschaft eingebracht werden.

Diese Stellungnahme wurde in der Sitzung der Landesarbeitsgemeinschaft Wohnberatung NRW am 9. Februar 2000 einstimmig beschlossen und verantwortlichen Politikern und Institutionen zugeschickt.

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